Kein Besuch im Wochenbett – warum wir uns bewusst dagegen entschieden haben

Die Geburt eines Kindes ist einer der größten Momente im Leben und natürlich wollen Familie und Freunde den neuen Erdenbürger so schnell wie möglich kennenlernen. Doch genau in dieser besonderen Zeit haben wir uns bewusst entschieden: kein Besuch im Wochenbett. Weder im Krankenhaus noch in den ersten zwei Wochen zu Hause.


Warum wir diese Entscheidung getroffen haben

Nach der Geburt stand unsere Welt Kopf: Der Körper musste sich erholen, das Stillen einspielen, die Nächte waren kurz und die Gefühle intensiv. Wir wollten diese ersten Tage nur für uns, ohne zusätzliche Aufregung, ohne das Gefühl, „funktionieren“ zu müssen.

Meine Geburt endete nach über zwölf Stunden Wehen mit einem ungeplanten Kaiserschnitt. Durch ständige Übelkeit hatte ich in dieser Zeit nicht gegessen. Die ersten Tage danach waren körperlich unglaublich kräftezehrend. Ich konnte mich kaum bewegen. Mein Partner übernahm fast alles: er wickelte, trug unsere Tochter, brachte sie mir zum Stillen und nahm sie danach wieder in den Arm. Zum Glück hatten wir ein Familienzimmer, sodass er rund um die Uhr bei uns sein konnte.

In dieser Zeit standen für mich andere Dinge im Vordergrund:

🛋️ Körperliche Erholung

Ich war schlicht erschöpft. Mentale und körperliche Energie hatte ich nur für meinen Partner und unsere Tochter. Wer schon einmal im Krankenhaus war, weiß: Allein ist man dort sowieso nie. Gefühlt alle 15 Minuten kam jemand ins Zimmer.

🤱 Bonding

Die erste Zeit ist entscheidend, um Nähe aufzubauen, das Baby kennenzulernen und einen eigenen Rhythmus zu finden. Wir wollten diesen Raum ungestört halten.

🎢 Emotionale Achterbahn

Zwischen Glück, Müdigkeit und Unsicherheit brauchte ich Ruhe. Ich musste die Geburt verarbeiten, das Stillen lernen, meine neue Rolle annehmen – und vor allem: heilen.


Übrigens hebt auch das Österreichische Hebammenzentrum genau diese Dinge hervor und betont, dass das Wochenbett in erster Linie der Erholung von Mutter und Kind dient.

Warum kein Besuch im Wochenbett verurteilt wird

Viele Menschen verbinden das Wochenbett traditionell mit Besuchen und können schwer nachvollziehen, warum Eltern diese Zeit bewusst für sich beanspruchen. Wer „kein Besuch im Wochenbett“ sagt, stößt deshalb oft auf Unverständnis, weil Erwartungen, Freude und Gewohnheiten der Familie nicht erfüllt werden.

Doch was dabei übersehen wird: Im Mittelpunkt stehen nicht die Gäste, sondern die Erholung der Mutter und das Ankommen des Babys. Auch gut gemeinte Ratschläge konnten wir in dieser Phase schlicht nicht gebrauchen.

So liebevoll er gemeint ist, Besuch bringt oft Erwartungen mit sich. Gäste möchten das Baby halten, man selbst möchte allerdings nicht im OP-Hemd, verschwitzt und mit ungewaschenen Haaren dastehen. Gerade nachdem man ohnehin schon gefühlt dem gesamten Krankenhauspersonal den eigenen Körper präsentiert hat, ist das zu viel.

Nicht zu vergessen das Infektionsrisiko: Ein Neugeborenes hat noch kein ausgereiftes Immunsystem – für uns ein weiterer Grund, niemanden zu früh hereinzulassen.

Insgesamt scheint dies vor allem ein Generationskonflikt zu sein. Generation Y und Millenials vertreten häufig ihren Wunsch nach Isolation deutlich, während die Boomergeneration das ganz anders handhabte.


Unsere Erfahrung

Rückblickend war es für uns die beste Entscheidung, die ersten zwei Wochen ganz allein zu verbringen. Wir hatten Zeit, uns einzuspielen, Stillen in Ruhe zu üben, nachts so lange wachzubleiben wie nötig und tagsüber verschlafen auf dem Sofa zu kuscheln. Niemand erwartete etwas, niemand störte unseren neuen Rhythmus.

Der einzige Besuch war unsere Hebamme. Sie kümmerte sich sowohl um mich als auch um unsere Tochter, sodass wir sicher sein konnten, dass alles in Ordnung war.

Nach zwei Wochen kam meine Mutter für ein paar Tage, die Schwiegereltern erwarten wir, wenn die Kleine zehn Wochen alt ist. Zugegeben: Unsere Familien wohnen einige Hundert Kilometer entfernt, das machte es leichter, unsere Bitte nach Ruhe zu akzeptieren.

Als wir dann die ersten Besuche empfingen, waren wir stabiler – körperlich wie emotional. Und es fühlte sich genau richtig an, unser Kind vorzustellen.


Ein Appell an alle werdenden Eltern

Das Wichtigste: Ihr dürft selbst entscheiden, wie ihr das handhabt. Ob ihr kein Besuch im Wochenbett möchtet oder euch sofort Familie und Freuden einladet – beides ist vollkommen in Ordnung. Lasst euch nicht von Erwartungen, Traditionen oder Kommentaren unter Druck setzen. Es ist im Zweifel absolut okay, egoistisch zu sein.

Und an alle Familien und Freunde: Bitte respektiert die Entscheidung der frischgebackenen Eltern. Das größte Geschenk im Wochenbett ist Rücksicht. Manchmal bedeutet das schlicht Geduld – denn auch nach einigen Wochen ist ein Baby noch süß. 💛

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